Kommunalfinanzen - Werden Krisen zum Dauerzustand?

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Symbolbild: Mehrere Münzstapel im Hintergrund im Vordergrund ein transparentes iagramm

Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg sind nur die zwei größten Krisen, die unsere Gesellschaft derzeit beschäftigen. Sie – wie viele andere – belasten darüber hinaus jedoch auch die staatlichen Finanzen, nicht zuletzt die Kommunalfinanzen. Einen Überblick über die aktuelle Situation und die zu erwartenden Entwicklungen gibt das Finanzteam des Gemeindetags Baden-Württemberg.

  1. Vorbemerkung

Bereits im dritten Jahr in Folge zieht die Corona-Pandemie mit ihren finanziellen Folgen die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen in Mitleidenschaft. Bund und Länder mussten ihre verfassungsrechtliche Schuldenbremse lockern und ebenso wie die Europäische Union ihre Verschuldung drastisch erhöhen, um damit die Hilfspakete zur Überwindung der Pandemie zu finanzieren. Die Kommunalverschuldung nahm dank der Stützungsleistungen durch den Bund und die Länder nur moderat zu. Nicht auszudenken wären die Folgen für die öffentlichen Haushalte gewesen, wenn die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand so stark eingebrochen wären, wie dies die Mai-Steuerschätzung 2020 prognostizierte. Glücklicherweise hat sich der Steuereinbruch in Grenzen gehalten und hat der vergleichsweise stabil gebliebene Arbeitsmarkt über die Besteuerung der Arbeitseinkommen hierzu einen wesentlichen Stützungsbeitrag geleistet. So könnte man mit Blick auf den Finanzierungssaldo etwa der Kommunen den Eindruck gewinnen, die Krise sei überstanden. Indes ist der bessere Finanzierungssaldo der Kommunen einzig einem Rückgang der kommunalen Investitionen geschuldet, während gleichzeitig das Defizit der laufenden Rechnung zugenommen hat. Bei der Gesamtbetrachtung der Kommunen darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Struktur und die Entwicklung der Kommunalhaushalte – insbesondere den Steuer- und Finanzkraftunterschieden geschuldet – sehr heterogen ist und verläuft. Zudem ist auch die Wirtschaft höchst unterschiedlich durch die Pandemiejahre gekommen, es gibt „Pandemie-Gewinner- und Verlierer(branchen)“. Auch in Baden-Württemberg hat ein erheblicher Teil der Kommunen mit dem Haushaltsausgleich allein aus Liquiditätssicht zu kämpfen, wie die kontinuierliche Hebesatzerhöhung bei den kommunalen Steuern belegt. Von einem echten Ausgleich der Ergebnishaushalte (unter Einbeziehung der nicht zahlungswirksamen Abschreibungen) sind viele Kommunen nach wie vor weit entfernt. Sie konnten ihre Haushalte für die Jahre 2021 und 2022 überhaupt nur deshalb aufstellen, weil die Kommunalaufsicht unausgeglichene Ergebnishaushalte pandemiebedingt mit Augenmaß beurteilen musste.

Im vergangenen Jahr haben verheerende Flutschäden in zahlreichen Regionen und Orten, vor allem die Bevölkerung und die Wirtschaft, aber auch die öffentliche Infrastruktur in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen besonders stark getroffen. Allein deren Bewältigung wird als föderale Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen noch viele Jahre dauern. In anderen Teilen Deutschlands hingegen herrschte lange Trockenheit mit entsprechenden Dürreschäden. Die Risiken und Gefahren des Klimawandels sind damit noch stärker ins Bewusstsein geraten. In diesem Jahr sind es in Deutschland die langen Hitzeperioden, die mit sinkenden Grundwasserständen, der Beeinträchtigung des Schiffsverkehrs auf den Wasserstraßen, Einschränkungen bei der Wasserversorgung, Dürreschäden und vermehrten Waldbränden einhergehen, in manchen Regionen gab und gibt es aber nach wie vor Flut- und Hochwasserschäden nach Starkregenereignissen zu verzeichnen. Dies alles tritt nicht nur in Deutschland auf, sondern europa- und weltweit.

Der Klimawandel und Schritte zur Reduzierung der Erderwärmung stehen deshalb nicht nur in Deutschland – hier etwa im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung -, sondern europa- und weltweit ganz oben auf der politischen Agenda. Denn sie erfordern erhebliche Investitionen des Staates, aber auch der Wirtschaft und der privaten Haushalte. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist begleitet von einem umfassenden Technologiewandel in der Wirtschaft.

Zu alledem tritt nun der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Die Kriegsfolgen sind über die Ukraine hinaus weltweit zu spüren. Hungersnöte werden durch das Ausbleiben der Getreidelieferungen aus der Ukraine verschärft. Westeuropa und Deutschland bemühen sich um die Aufnahme, Unterbringung und Integration der Geflüchteten. Der Ausstieg aus (der Abhängigkeit von) russischem Öl und vor allem Erdgas führt zu steigenden Energiepreisen (es lohnt sich, hier im Internet nach dem Begriff „Merit-Order-Effekt“ zu suchen, um den Effekt oder vielleicht auch „Fehlanreiz“ des steigenden Gaspreises auf den Strompreis zu verstehen), was in der Folge alle Wertschöpfungsvorgänge verteuert, die wirtschaftliche Entwicklung in Gefahr bringt und sich in einer bisher nicht gekannten Inflationsrate zeigt. Nicht nur die Lebensmittel- und Konsumpreise schnellen in die Höhe, auch die Baupreise – begleitet von Liefer- und Nachschubproblemen. Genügend Heizenergie für den nächsten Winter, aber auch ausreichend verfügbarer Betriebsstoff für die Wirtschaft und Bezahlbarkeit der (Energie-)Preise bestimmen die Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Daneben gibt es viele weitere Krisenherde auf der Welt, die Einfluss auf die Weltwirtschaft haben. Hinzu tritt die zu starke Abhängigkeit von wenigen produzierenden Ländern wie etwa der „Werkbank China“, was bei Störungen in den Lieferketten sehr schnell sichtbar wurde und wird und das Wirtschaftsgeschehen auch in Europa beeinflusst (durch Chip-Mangel können Autos und Geräte nicht fertigproduziert und ausgeliefert werden, für den Ausbau der Photovoltaik fehlen die Komponenten aus Fernost, Arzneimittelversorgung), aber nicht zuletzt auch der Fachkräftemangel in Deutschland und Europa. Und bei alledem ist die Corona-Pandemie noch längst nicht überwunden, Corona fiel im Sommer nicht aus, sondern mutierte und produzierte eine vierte Welle vor der nächsten Welle, die im Herbst erwartet wird, begleitet von weiteren sich ausbreitenden Virus-Infektionen (Affen-Pocken, Vogelgrippe, …).

Mit Blick auf alle diese Aspekte in ihren Wechselbeziehungen hat der Stabilitätsrat1 folgende Kurzbeschreibung gegeben: „Die öffentlichen Haushalte stehen kurz- und mittelfristig vor immensen Herausforderungen. Neben den anhaltenden Auswirkungen der Pandemie ergeben sich aus dem völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine diverse neue Belastungen. Diese sind hinsichtlich ihres Ausmaßes aktuell noch kaum abschätzbar. Hierzu gehören die Notwendigkeit, die Bundeswehr zu stärken, die Sicherung der Energieversorgung und die Abfederung der Folgen steigender Energiepreise bis hin zur Finanzierung der Kosten für Geflüchtete. Die Projektion über die Entwicklung der öffentlichen Haushalte ist daher ebenso wie die Projektion über die weitere Entwicklung der Gesamtwirtschaft mit großen Unsicherheiten behaftet.“

Dementsprechend trägt die Pressemitteilung des Stabilitätsrats folgende Überschrift: „Öffentliche Haushalte zwischen akuter Krisenbewältigung und langfristiger Sicherung tragfähiger Finanzen“.

Mit Blick auf diese „big points“ scheinen zum Beispiel die Grundsteuerreform in Deutschland oder auch die Änderung des Zinssatzes bei der so genannten Vollverzinsung – auch wenn mit viel Verwaltungsaufwand verbunden – eher Marginalien zu sein.

Diese Darstellung „im Großen“ lässt sich auch auf die Finanzsituation des Landes und der Kommunen und die Perspektiven für die nun beginnende Haushaltsplanung 2023 fortfolgende übertragen. Erstmals seit langem gehen die Kommunen ohne einen tragfähigen Haushaltserlass des Innenministeriums in die Sommerpause und müssen auf Orientierungsdaten für ihre Haushaltsplanung 2023 warten, bis im Kontext des Beschlusses des Doppelhaushalts 2023/2024 des Landes gegen Jahresende auch in der Gemeinsamen Finanzkommission Klarheit über die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen geschaffen sein wird. Sowohl das Land als auch die Kommunen werden hierbei die Ergebnisse der Herbst-Steuerschätzung 2022 und die bis dahin aktualisierten Prognosen der Wirtschaftsentwicklung abwarten.

2. Rückblick auf das Jahr 2021

2.1 Finanzsituation der kommunalen Kernhaushalte in Baden-Württemberg

2.1.1 Finanzierungssaldo insgesamt

Auch bei den Kommunen im Lande hat der Finanzierungssaldo gegenüber dem Vorjahr wieder zugenommen. Er stieg von 297 Millionen Euro im Jahr 2020 auf 724 Millionen Euro3, liegt damit aber immer noch unter dem Wert des Vor-Corona-Jahres 2019 von 795 Millionen Euro und deutlich unter den guten Ergebnissen der früheren Jahre. Vergleicht man die Zahlen der kreisangehörigen Gemeinden und der Landkreise, so konnten die kreisangehörigen Gemeinden im Jahr 2021 eine Verbesserung ihres Finanzierungssaldos gegenüber dem Vorjahr verzeichnen, die Landkreise eine Verschlechterung. Im Vorjahr war es genau umgekehrt. Zugleich ist dies ein Zeichen dafür, dass die Landkreise bei der Festlegung der Kreisumlagehebesätze 2021 „corona-bedingte“ Rücksicht auf die Finanzsituation der kreisangehörigen Städte und Gemeinden mit Blick auf ihre Ausgangssituation genommen haben.

Auch wenn für die Kommunen insgesamt 2021 wieder ein deutlich höherer Finanzierungsüberschuss erzielt werden konnte als im Vorjahr, gäbe es, so die Feststellungen des Statistischen Landesamts im Monatsheft 6-7/2022, doch gut 400 Kommunen, für die sich 2021 Fehlbeträge ergeben hätten, das heißt, diese Kommunen hätten mehr ausgegeben als sie eingenommen haben. Diese Feststellung dürfte sich wohl auf den Finanzierungssaldo insgesamt beziehen. Interessant wäre es, dazu zu erfahren, wie viele Kommunen hierbei ein Zahlungsmitteldefizit der laufenden Rechnung aufweisen, denn dies wäre ein echtes Indiz für eine Haushaltsnotsituation.

Die bereinigten Einnahmen der Gemeinden sind im Jahr 2021 nur um 2,37 Prozent oder 1,2 Milliarden Euro auf 50,7 Milliarden Euro gestiegen. Im Vergleich dazu hatten die bereinigten Ausgaben nur ein Wachstum von 1,52 Prozent oder 746 Millionen Euro auf 49,983 Milliarden Euro, was sich dann in einer Erhöhung des Finanzierungssaldos ausdrückt.

Die untenstehende Übersicht zeigt die beiden Blöcke des Finanzierungssaldos. Der Finanzierungsüberschuss der laufenden Rechnung nahm um 4,29 Prozent oder 228 Millionen Euro ab. Das Finanzierungsdefizit der Kapitalrechnung verringerte sich um 13,07 Prozent oder 656 Millionen Euro. Saldiert ergibt sich die Verbesserung des Finanzierungssaldos um 427 Millionen Euro. Mit einem deutlich stärkeren Rückgang im investiven Bereich wurde das Weniger der laufenden Rechnung kompensiert.

Der Ist-Überschuss beziehungsweise -Fehlbetrag, wie ihn das Statistische Landesamt für den Landeshaushalt ausweist, setzt sich zusammen aus dem Finanzierungssaldo und der Nettokreditaufnahme.4 Mit Blick auf die unterschiedlichen Verschuldungsregeln, die für das Land und die Kommunen gelten, ist hier ein Vergleich zwischen Land und Kommunen wenig aussagekräftig.5

2.1.2  Laufende Rechnung

Die Steuereinnahmen haben gegenüber dem Vorjahr um 13,87 Prozent (plus 2.170 Millionen Euro) auf 17.823 Millionen Euro zugenommen. Im Vergleich mit der bundesweiten Entwicklung ist diese Veränderung unterdurchschnittlich, was auch an den dargestellten Besonderheiten der Gewerbesteuerentwicklung liegt. Aber auch in Baden-Württemberg war der höchste Zuwachs bei der Gewerbesteuer zu verzeichnen (plus 30,3 Prozent oder plus 1.773 Millionen Euro). Allerdings fehlt in der Vergleichsbasis 2020 die Gewerbesteuer-Kompensation des Landes mit 1,881 Milliarden Euro. 2021 gab es diese Gewerbesteuer-Kompensation nicht mehr. Beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer macht sich der Rückgang der Kurzarbeit gegenüber 2020 und die Stabilisierung des Arbeitsmarkts in der Besteuerung bemerkbar. Der Einkommensteueranteil stieg damit um 6,7 Prozent auf 6.839 Millionen Euro. Der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer stieg nur moderat um 1,3 Prozent. Die sonstigen Steuern gingen gegenüber dem Vorjahr mit einem Minus von 30,2 Prozent nochmals deutlicher als im Vorjahr zurück. Hier machen sich bezogen auf die Vergnügungsteuer die Corona-bedingten Schließungen beziehungsweise Minderfrequentierung von Spielotheken bemerkbar. Die Vergnügungsteuer verzeichnete im Jahr 2020 einen Rückgang um 22,1 Prozent, im Jahr 2021 sogar einen Rückgang um 50,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.6 Insgesamt überstiegen die Steuereinnahmen 2021 wieder die Zahlen des Vor-Corona-Jahres 2019.

Die Corona-bedingt weiterhin stark angespannte Finanzsituation der Kommunen machte sich auch im Jahr 2021 bei den Hebesätzen bemerkbar: Zwar an Zahl weniger als im Jahr 2020, aber immer noch in beachtlich hoher Zahl mussten die Städte und Gemeinden ihre Realsteuerhebesätze erhöhen, ein Zeichen für notleidende Haushalte. 105 Kommunen erhöhten den Hebesatz für die Grundsteuer A, 145 bei der Grundsteuer B und bei der Gewerbesteuer 86. Damit stiegen auch die gewogenen Durchschnittshebesätze weiter an (bei der Grundsteuer A um 4 auf 367 Prozentpunkte, bei der Grundsteuer B ebenfalls um 4 auf 404 Prozentpunkte und bei der Gewerbesteuer um 2 auf 70 Prozentpunkte).7

Nach einem starken Rückgang im Vorjahr (auch mit Blick auf die Corona-bedingten Schließungen) sind die Einnahmen aus Gebühren und Entgelten8 im Jahr 2021 wieder um 7,5 Prozent gestiegen und konnten – auch wenn es im Jahr 2021 noch erhebliche Auslastungs- und Nutzungseinschränkungen und partielle Betriebsschließungen bei den kommunalen Einrichtungen gab – wieder an die Werte des Vorvorjahres 2019 anknüpfen. Da indes auch die Personal- und Sachaufwendungen weiter gestiegen sind, geht das mit entsprechend erhöhten Betriebsdefiziten im Jahr 2021 einher.

Die Schlüsselzuweisungen, die sonstigen allgemeinen Finanzausgleichszuweisungen sowie die Erstattungen und Zuweisungen für laufende Zwecke vom Land sind im Jahr 2021 um 6,42 Prozent oder 1.248 Millionen Euro auf 18.182 Millionen Euro zurückgegangen. Der Rückgang folgt auf die starke Zunahme im Jahr 2020 um seinerzeit 3,3 Milliarden Euro oder 20,57 Prozent, welche wiederum auf den Sondereffekt starker Stützungsleistungen des Landes im Rahmen des Kommunalen Stabilitäts- und Zukunftspakts im ersten Jahr der Corona-Pandemie zurückzuführen waren. Allein 1,881 Milliarden Euro davon entfielen auf die einmalige Kompensation der erwarteten Gewerbesteuer-Ausfälle im Jahr 2020, die nun nach Maßgabe des § 39 Abs. 39 FAG als Steuerkraft im kommunalen Finanzausgleich 2022 angerechnet werden, zusätzlich wurde die allgemeine Finanzausgleichsmasse seitens des Landes gestützt. Besonders deutlich ist deshalb der Rückgang bei den sonstigen allgemeinen (Finanzausgleichs-)Zuweisungen vom Land mit einem Minus von 41,53 Prozent oder minus 1.917 Millionen Euro, weil in dieser Position die Gewerbesteuer-Kompensation 2020 mit enthalten war. Für das Jahr 2021 haben sich Land und Kommunen im Juli 2021 auf ein weiteres „Kommunalpaket 2021“ mit einem Gesamtvolumen von 587 Millionen Euro verständigt. Der finanziell bedeutendste Teil dieses Pakets ist die nochmalige Stärkung der kommunalen Finanzausgleichsmasse mit 355 Millionen Euro. Darüber hinaus haben sich im November 2021 Land und Kommunen auf ein weiteres Maßnahmenpaket mit rund 170 Millionen Euro verständigt. Hierzu wird auf den Beitrag vom Vorjahr in der Ausgabe 09/2020 dieses politischen Fachmagazins und auf den Beitrag in der Ausgabe 09/2021 dieses Magazins verwiesen.

Ausgaben der laufenden Rechnung

Auch in Baden-Württemberg nahmen die Ausgaben der laufenden Rechnung zu, und zwar um 3,88 Prozent (plus 1,591 Milliarden Euro). Gegenüber dem Vorjahr hat sich das Wachstum verlangsamt.

Die Personalausgaben stiegen 2021 um 3,97 Prozent oder 433 Millionen Euro auf 11,358 Milliarden Euro an, etwas schwächer als im Vorjahr. Dazu trugen die vergleichsweise moderaten Tarifabschlüsse beziehungsweise Besoldungserhöhungen ab dem 1. April 2021 mit 1,4 Prozent bei. Dagegen hat sich die Zahl der im kommunalen Bereich beschäftigten Personen gegenüber dem Vorjahr – in Vollzeitäquivalente (VZÄ) - um 4,03 Prozent beziehungsweise um 4.115 auf 207.330 VZÄ erhöht, im Vorjahr 2020 war die Steigerung mit 2,02 Prozent in VZÄ nur halb so hoch.9 Nach wie vor gibt es den größten Beschäftigungsaufbau im Bereich Bildung und Betreuung. Bei den Kindertageseinrichtungen gab es eine Zunahme um 5,4 Prozent oder 2.012 VZÄ auf 39.457 VZÄ.10

Die laufenden Sachausgaben der Kommunen stiegen 2021 um 4,04 Prozent oder 325 Millionen Euro auf 8,358 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr (plus 1,9 Prozent) fiel die Steigerung deutlich höher aus. Ursachen sind zum einen die höheren Verbraucherpreise, zum anderen konnten im Jahr 2020 durch corona-bedingte Schließungen und Einschränkungen Sach- und Bewirtschaftungsausgaben eingespart werden, was 2021 nicht mehr im gleichen Umfang der Fall war, zum anderen haben die corona-bedingten Mehrausgaben (vor allem Aufwendungen für Testungen, Impfaktionen, Maskenpflicht) zugenommen.

Die Ausgaben für soziale Leistungen stiegen im Jahr 2021 deutlich stärker als in den Vorjahren an. Sie wuchsen im Jahr 2021 um 5,54 Prozent oder 414.000 Euro auf 7,894 Milliarden Euro an. Die Steigerung in Baden-Württemberg lag deutlich über dem Durchschnitt aller Flächenländer mit vier Prozent.

Saldo der laufenden Rechnung

Der Finanzierungsüberschuss der laufenden Rechnung ging 2021 um 4,29 Prozent oder 228 Millionen Euro auf 5,083 Milliarden Euro zurück. Da allerdings auch die Schuldentilgung am Kreditmarkt im Jahr 2021 um 297 Millionen Euro oder 30 Prozent zurückging11, erhöhte sich die Nettoinvestitionsrate12 sogar geringfügig um 69 Millionen Euro.

2.1.3  Kapitalrechnung

Die Kapitalrechnung war 2021 von einer stark rückläufigen Investitionstätigkeit geprägt. Die Ausgaben für Sachinvestitionen gingen 2021 um 7,19 Prozent oder 426 Millionen Euro zurück, darunter die Baumaßnahmen um 2,5 Prozent oder 109 Millionen Euro. Einzig im Schulbereich gab es in Umsetzung der Bundes- und Landesinvestitionsförderung eine Steigerung um 9,4 Prozent oder 87 Millionen Euro. Im Übrigen mussten die Kommunen ihre Investitionstätigkeit der corona-bedingten Haushaltssituation anpassen und Schwerpunkte setzen beziehungsweise drosseln.

2.1.4  Verschuldung

Die Nettoneuverschuldung beim nicht-öffentlichen Bereich ging ausweislich der Daten der Kassenstatistik um 65 Millionen Euro oder 5,92 Prozent zurück. Gleichwohl stiegen die Schulden der Kernhaushalte der Gemeinden/Gv. 2021 um 2,6 Prozent auf 6,475 Milliarden Euro an.13 2019 und zuvor konnte die Verschuldung in den Kernhaushalten noch abgebaut werden. Kassenkredite mit einer Höhe von 259 Millionen Euro beziehungsweise einem Anteil von 3,5 Prozent an den Schulden spielen wie in den Vorjahren – anders als in den anderen Bundesländern – eine sehr untergeordnete Rolle.

2.2 Der kommunale Finanzausgleich 2021

Der kommunale Finanzausgleich speist sich aus der Finanzausgleichsumlage der Kommunen und der sogenannten Verbundmasse. Über Letztere wirft das Land Baden-Württemberg 23 Prozent des Landesanteils an den Gemeinschaftsteuern und der Gewerbesteuerumlage abzüglich eines Festbetrags in den “Finanzausgleichstopf“ ein. Ein Blick auf die Entwicklungen der letzten Jahre zeigt das Gewicht dieser Komponente auf die Finanzausgleichsmasse, aber auch die Schwankungen, denen der Betrag unterworfen ist und der regelmäßig Gegenstand der Verhandlungen der Gemeinsamen Finanzkommission war. Über eine Rücknahme des Kürzungsbetrags hat das Land die Kommunen in den Jahren 2020 und 2021 in Anbetracht der Auswirkungen der Corona-Pandemie zusätzlich unterstützt.

Im Ergebnis stand den baden-württembergischen Kommunen im Jahr 2021 eine Finanzausgleichsmasse in Höhe von 12.085,773 Millionen Euro zur Verfügung. Das bedeutet eine Steigerung um 140,250 Millionen Euro gegenüber dem Jahr 2020 und um 1.177,665 Millionen Euro, also 10,8 Prozent, gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019. Diese Entwicklung erklärt gleichzeitig, warum trotz Aufstockung des Kommunalen Investitionsfonds als Teil der Finanzausgleichsmasse B auf 950 Millionen Euro (2019), 1.108 Millionen Euro (2020) und schließlich auf 1.115 Millionen Euro (2021) ein Aufwuchs in der Finanzausgleichsmasse A zu verzeichnen war. Diese verzeichnete im Jahr 2021 ein Volumen von 9.790,685 Millionen Euro – ein Betrag, der das Vorjahresniveau um 113,617 Millionen Euro und das Vor-Corona-Niveau des Jahres 2019 um 952,936 Millionen Euro übertraf.

Aus der Finanzausgleichsmasse A ergibt sich nach Abzug verschiedener Vorwegentnahmen für andere kommunale Zwecke die Schlüsselmasse. Letztere teilt sich nach den im Finanzausgleichsgesetz (FAG) festgelegten Sätzen prozentual auf die Schlüsselmasse der Gemeinden, der Landkreise und der Stadtkreise auf. Heruntergebrochen auf die Schlüsselmasse der Gemeinden lag das Volumen im Jahr 2021 mit 5.212,020 Millionen Euro zwar um 42,781 Millionen Euro minimal unter dem des Vorjahres, allerdings um 7,15 Prozent (347,91 Millionen Euro) über dem Wert des Vor-Corona-Jahres 2019. Wichtig, bei dieser Einordnung im Blick zu haben: Im direkten Vorjahresvergleich sind maßgeblich die Verhandlungsergebnisse der Gemeinsamen Finanzkommission – verankert im Kommunalen Stabilitäts- und Zukunftspakt vom 20. Juli 2020 – mitzudenken: So hat das Land die Finanzausgleichsmasse im Jahr 2020 mit einmalig 1.016 Millionen Euro gestützt, was sich nicht zuletzt auf die Schlüsselmasse ausgewirkt hat. Bei der Verteilung der Schlüsselmasse auf die Gemeinden kam im Jahr 2021 erstmals die weiterentwickelte Systematik von zwei Grundkopfbeträgen zum Tragen. Wie bisher auch wird die Höhe der Schlüsselzuweisungen weiterhin nach dem Kriterium der mangelnden Steuerkraft berechnet. Das heißt, dass für die Ermittlung auch weiterhin die Steuerkraftmesszahl (Kennzahl für die Finanzkraft einer Gemeinde) der Bedarfsmesszahl (Kennzahl für den Finanzbedarf der Gemeinde) gegenübergestellt wird. Übersteigt die Bedarfsmesszahl die Steuerkraftmesszahl, ist die Differenz Grundlage für die weitere – gewohnte – Berechnung der Schlüsselzuweisungen. Die Steuerkraftmesszahl wird in bekannter Weise ermittelt. Auch die „Bedarfsmesszahl nach steigender Einwohnerzahl“ wurde beibehalten, allerdings um eine weitere Komponente ergänzt: die „Bedarfsmesszahl nach steigender Fläche je Einwohner“. Nach dem gleichen Schema wie zur Ermittlung der „Bedarfsmesszahl nach steigender Einwohnerzahl“ wird auch hier die Einwohnerzahl mit einem Kopfbetrag multipliziert. Letzterer ergibt sich aus der Multiplikation des Grundkopfbetrags mit einem im FAG definierten Vervielfältiger. Im Einführungsjahr 2021 wurde der Grundkopfbetrag B zur Ermittlung der „Bedarfsmesszahl nach steigender Fläche je Einwohner“ mit 2,5 Prozent des Grundkopfbetrags A, der zur Ermittlung der „Bedarfsmesszahl nach steigender Einwohnerzahl“ herangezogen wird, bemessen. Im Jahr 2022 liegt der Grundkopfbetrag bei fünf Prozent des Grundkopfbetrags A. Vor dem Hintergrund dieser Anpassung ist auch die Entwicklung des Grundkopfbetrags einzuordnen: In den letzten Jahren vor der Einführung des Grundkopfbetrags B ist der Grundkopfbetrag (A) kontinuierlich bis auf 1.486 Euro im Jahr 2020 gestiegen (2016: 1.219 Euro; 2017: 1.260 Euro; 2018: 1.334 Euro; 2019: 1.405 Euro). Im Jahr 2021, nach der Einführung, liegt der Grundkopfbetrag A mit 1.468 Euro leicht unter dem Wert von 2020, wird aber nunmehr vom Grundkopfbetrag B in Höhe von 36,70 Euro begleitet. 

Die Finanzausgleichsmasse B verteilt sich auf den Ausgleichstock, der im Jahr 2019 um zehn Millionen Euro auf 97 Millionen Euro erhöht wurde und seither konstant auf diesem Niveau verharrt, auf den Kommunalen Investitionsfonds, der im Jahr 2021 mit 1.115 Millionen Euro dotiert war, und auf die Kommunale Investitionspauschale, der die übrigen Mittel der Finanzausgleichsmasse B zufließen. Ausgestattet mit 1.082,950 Millionen Euro lag sie im Jahr 2021 um 1,84 Prozent über dem Volumen des Vorjahres und um 5,85 Prozent über dem Wert des Vor-Corona-Jahres 2019. Auch die Kommunale Investitionspauschale je gewichtetem Einwohner hat in den letzten Jahren von 91,26 Euro (2019) über 94,23 Euro (2020) auf 96,14 Euro im Jahr 2021 zugelegt.

Damit wirkt der kommunale Finanzausgleich mehr denn je als maßgebliche Stütze der Kommunalfinanzen in Zeiten volatiler Steuereinnahmen.

Dieser Trend könnte sich auch in den kommenden Jahren noch fortsetzen: So soll nach der Bekanntmachung des Finanzministeriums über die dritte Teilzahlung nach dem FAG der Grundkopfbetrag A im Jahr 2022 nochmals um 47 Euro auf 1.515 Euro ansteigen, entsprechend würde der Grundkopfbetrag B bei 75,75 Euro liegen.

In der Gesamtschau soll die Finanzausgleichsmasse nach der Regionalisierung der Steuerschätzung vom Mai 2022 im laufenden Jahr nochmals um rund drei Prozent auf 12.512 Millionen Euro anwachsen. Im Jahr 2023 soll sich das Wachstum mit knapp drei Prozent auf 12.859 Millionen Euro fortsetzen, im Jahr 2024 wird ein Volumen der Finanzausgleichsmasse von 13.231 Millionen Euro erwartet und im Jahr 2025 von 13.716 Millionen Euro. Nicht vergessen werden darf dabei natürlich, dass auch die Kommunen über die Finanzausgleichsumlage mit zu diesem Wachstum beitragen.

Kindergartenförderung und Förderung der Kleinkinderbetreuung

Das dem Kindergartenlastenausgleich nach § 29b FAG für Kinder über drei und unter sieben Jahren (Ü3) zur Verfügung stehende Fördervolumen war bis zum Jahr 2018 auf 529 Millionen Euro gedeckelt. In Umsetzung der Empfehlungen der Gemeinsamen Finanzkommission vom 24. Juli 2018 hat sich der Gesamtbetrag in den Jahren 2019 (664,727 Millionen Euro), 2020 (794,522 Millionen Euro) und 2021 (895,528 Millionen Euro) schrittweise erhöht – möglich wurde dies nicht zuletzt durch eine Umschichtung von Mitteln aus der Finanzausgleichsmasse A. Damit konnte der Zuweisungsbetrag je gewichtetem Kind trotz der steigenden Zahl an gewichteten Kindern von 2.828,48 Euro (2019) über 3.271,85 Euro (2020) auf 3.573,48 Euro im Jahr 2021 ansteigen.

Ein im Ergebnis ähnliches Bild zeigt sich bei der Förderung der Kleinkindbetreuung nach § 29c FAG: So fördert das Land die Betriebsausgaben der Kleinkindbetreuung in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege mit 68 Prozent der Betriebsausgaben. Dabei erfolgt die Ermittlung der Nettobetriebsausgaben durch Hochrechnung der Jahresrechnungsstatistik des zweitvorangegangenen Jahres. Auch hier erhöhte sich der Zuweisungsbetrag je gewichtetem Kind von 14.993,05 Euro im Jahr 2019 über 15.442,95 Euro (2020) auf 16.302,40 Euro im Jahr 2021.

2.3 Entwicklung der kommunalen Schulden im Jahr 2021

Die Schulden der kommunalen Kernhaushalte beim öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich sind nach dem Anstieg im „Coronajahr“ 2020 im Jahr 2021 nochmals gewachsen. Bis Ende des Jahres 2019 und damit vor Beginn der Coronavirus-Pandemie konnten die Schulden der Städte, Gemeinden und Landkreise zwar auf 6,020 Milliarden Euro zurückgeführt werden, im Jahr 2020 war ein Anstieg um 447 Millionen Euro und im Jahr 2021 nochmals einer um 211 Millionen zu beobachten. Dies bedeutet, dass die Gemeinden, Stadt- und Landkreise einen Schuldenstand von 6,679 Milliarden Euro aufwiesen. Dies entspricht einer pro-Kopf-Verschuldung von 601 Euro je Einwohner.

Die Dynamik in der Schuldenstandentwicklung der Eigenbetriebe hat sich auch im Vergleich zum Vorjahr 2020 nochmals beschleunigt. War in diesem Jahr bereits ein Anstieg um 366 Millionen Euro auf 9,107 Milliarden Euro zu betrachten, so bleibt dies hinter den Entwicklungen von 2021 zurück. So stiegen die Schulden auf 9,981 Milliarden Euro an, was einem Anstieg um 898 Millionen Euro oder 78 Euro je Einwohner entspricht.

Auch bei den Eigengesellschaften ist eine steigende Verschuldung zu verzeichnen. Waren diese im Jahr 2020 noch mit 6,230 Milliarden Euro verschuldet, ist diese auf 6,913 Milliarden oder um 683 Millionen Euro angestiegen. Damit entfällt auf jede Einwohnerin und jeden Einwohner eine Verschuldung von 622 Euro, was einem Anstieg um 61 Euro entspricht.

Bei Betrachtung der einzelnen Größenklassen zeigt sich, dass sich keine der Gemeindegrößenklassen dem Trend der steigenden Verschuldung ganz entziehen konnte. So wurden in allen Gemeindegrößenklassen Kredite in höherem Volumen aufgenommen als getilgt. In der Größenklasse „unter 1.000 Einwohner“ stiegen diese in etwas geringerem Maße (von 25,227 Millionen Euro auf 25,28 Millionen Euro) an als in den weiteren Größenklassen. Während die Landkreise als einzige Körperschaftsgruppe im Jahr 2020 Netto-Kredite abbauen konnten, wurden 2021 wiederum Nettokreditaufnahmen getätigt. Diese belaufen sich auf 278 Millionen Euro oder 30 Euro je Einwohner, stellen aber einen Anstieg der Verschuldung um etwa 13 Prozent dar. Davon entfallen 229 Millionen Euro auf Eigenbetriebe und Eigengesellschaften. Den größten absoluten wie relativen Anstieg der Verschuldung haben die Stadtkreise „zwischen 200.000 und 500.000 Einwohner“ zu verzeichnen und zwar auf 4,628 Milliarden Euro (bisher 3,857 Milliarden Euro). Diese 771 Millionen Euro entsprechen etwa 43 Prozent der Nettoneuverschuldung der Städte, Landkreise und Gemeinden von 1,767 Milliarden Euro

Für die kreisangehörigen Gemeinden reichte die Bandbreite von den vorbenannten Gemeinden „unter 1.000 Einwohner“ bis zu der Gemeindegrößenklasse „größer 100.000 Einwohner“ mit einem Anstieg von 360 Euro je Einwohnerin und Einwohner, in diesem Fall jedoch vor allem durch die höhere Verschuldung der Eigenbetriebe und Eigengesellschaften bedingt, während im Kernhaushalt Schulden abgebaut werden konnten.

Die Stadtkreise wiederum hatten Zuwächse in der Verschuldung zwischen 127 Euro je Einwohner (Größenklasse „über 500.000 Einwohner“) und 920 Euro je Einwohner (Größenklasse „zwischen 200.000 und 500.000 Einwohner“) zu verzeichnen.

Für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden führt dies zum viertgrößten Anstieg der Verschuldung seit 1996. Dies ist insofern bemerkenswert, als das 2020 der höchste Anstieg der Verschuldung seit dem Jahr 2010 und der zweithöchste Anstieg seit 1996 zu verzeichnen war. Mit einem Niveau der Verschuldung von 3,830 Milliarden Euro ist das Niveau nach der Finanz- und Wirtschaftskrise wieder erreicht.

Die Kernhaushalte stellen jedoch nur einen Teil der gemeindlichen Tätigkeit dar. Zu berücksichtigen sind in diesem Kontext insbesondere auch die Eigenbetriebe. Bei diesen ist ein kontinuierliches Anwachsen der Verschuldung zu betrachten, welches jedoch in Art und Struktur der Finanzierung der Eigenbetriebe bedingt ist. Insbesondere Abwasserversorgungsbetrieben ist es gebührenrechtlich nicht möglich, Gewinne zu erzielen und Eigenkapital für spätere Investitionen anzusammeln. Neue Investitionen werden somit in der Regel zu 100 Prozent mit Krediten finanziert, was die Verschuldung weiter ansteigen lässt. Ähnliches gilt für Nahwärmenetze, für welche zur Inbetriebnahme zunächst erhebliche Investitionen getätigt werden müssen, welche jedoch in der Regel erst nachlaufend finanziert werden können.

Die Auslagerung von Schulden, insbesondere durch die Ausgliederung der Wasserversorgung, welche in den 1990er-Jahren zu einem starken Anstieg der Verschuldung der Eigenbetriebe und einer Abnahme der Verschuldung in den Kernhaushalten geführt hatte, spielt heute kaum noch eine Rolle.

Bei einer Betrachtung der Pro-Kopf-Verschuldung fällt auf, dass die Organisationsform des Eigenbetriebs, bis auf die Größenklasse „unter 1.000 Einwohner“ in allen Größenklassen gebräuchlich ist. Demgegenüber findet die Rechtsform der Eigengesellschaft offenkundig zumeist erst in den Größenklassen ab 20.000 Einwohnern häufigere Anwendung.

Obwohl den Schulden der Eigengesellschaften in der Regel nicht geringe Vermögenswerte und Ertragspositionen gegenüberstehen, handelt es sich bei den Eigengesellschaften häufiger um Geschäftsmodelle, die unter Umständen wirtschaftlich nicht ganz so sicher agieren können wie beispielsweise die klassischen Eigenbetriebe der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung. Gerade im Bereich der Energieversorgung (Strom, Gas, Wärme) macht sich in den letzten Jahren ein zunehmender Wettbewerbsdruck breit, der zu sinkenden Erträgen führt. Eine genauere Untersuchung von Ertragslage und Finanzierung ist insoweit erforderlich.

Jedenfalls wiesen zum Jahresende 2020 insgesamt 90 der kreisangehörigen Gemeinden und Städte in Baden-Württemberg weder im Kernhaushalt noch in Eigenbetrieben oder Eigengesellschaften Kredite, Kassenkredite oder Wertpapierschulden beim öffentlichen oder nichtöffentlichen Bereich aus. 89 dieser Gemeinden hatten dabei unter 10.000 Einwohner, 77 Gemeinden sogar unter 5.000 Einwohner. Im Vorvorjahr waren noch 99 Städte und Gemeinden in Kernhaushalt, Eigenbetrieb und Eigengesellschaft schuldenfrei, im Vorjahr waren es noch 92.

Die Kassenkredite, welche zum 31. Dezember 2020 noch mit 179,3 Millionen Euro in den Kernhaushalten von 101 kreisangehörigen Städten und Gemeinden verbucht waren, sind auf 127,8 Millionen Euro bei 78 Städten und Gemeinden zurückgegangen. Insgesamt sinkt die Pro-Kopf-Verschuldung von 20 auf etwa 14 Euro. Bezogen auf die Bevölkerung der 78 Städte und Gemeinden ergibt sich jedoch eine durchschnittliche Verschuldung von 203 Euro je Einwohner. Diese betrug im Vorjahr bei den 101 Gemeinden mit Kassenkrediten noch etwa 250 Euro.

3. Finanzsituation der Kommunen im Lande im Jahr 2022 und Ausblick 2023

3.1 Eingangsbemerkungen

Wie bereits eingangs dargestellt, ist die finanzielle Lage der öffentlichen Haushalte durch äußerst schwierige Rahmenbedingungen geprägt. Auch die Wirtschaft befindet sich in „unsicheren Gewässern“, die Privathaushalte werden durch die steigenden Energie- und Konsumpreise belastet und rufen den Staat mit Entlastungen auf den Plan.

Vor diesem Hintergrund ist es schwierig bis nahezu unmöglich, für die öffentlichen Haushalte eine tragfähige Haushaltsentwicklung darzustellen. Das liegt vor allem an der Ungewissheit darüber, welche wirtschaftlichen Folgen der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine noch haben wird und wie die Wirtschaft auf die Maßnahmen gegen die Inflation reagiert. Erst recht gilt dies für die mittelfristige Perspektive der Finanzplanung. Haushaltsplanung in aktuellen Zeiten bedeutet ein „Fahren auf Sicht“.

3.2 Perspektiven der Kommunalfinanzen bundesweit

Am 18. August 2022 hat die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände ihre Finanzprognose für das laufende Jahr 2022 und das nächste Jahr vorgelegt.14 Dabei stand für das Jahr 2022 allenfalls das Ergebnis der Kassenstatistik für das erste Quartal 2022 zur Verfügung, das allerdings für das Gesamtjahr nicht aussagekräftig ist. Die Kommunalen Spitzenverbände rechnen bereits für das laufende Jahr 2022 mit einem Defizit von 5,8 Milliarden Euro in den kommunalen Kernhaushalten. Im Vorjahr 2021 lag dieser Wert noch im positiven Bereich mit 3,04 Milliarden Euro. Auch für 2023 gibt die Schätzung der Bundesvereinigung keine Entwarnung und nimmt ein Finanzierungsdefizit der Kernhaushalte von 5,3 Milliarden Euro an. Hinzu kommt die Entwicklung in den so genannten Extrahaushalten, die in diesen Zahlen noch nicht eingepreist ist.

Die kommunalen Einnahmen steigen nach der Finanzprognose der Spitzenverbände trotz abgesenkter Wachstumsaussichten etwas stärker als erwartet. Bereits die Mai-Steuerschätzung 2022 ließ einen positiven Ausblick auf die Steuerentwicklung erwarten. Dies wird für das Jahr 2022 wohl nach wie vor zutreffend und belastbar sein, denn die Wirtschaft verzeichnet mehrheitlich volle Auftragsbücher, eine Wiederbelebung ihrer Geschäftsfelder „nach“ oder „trotz“ Corona, der Arbeitsmarkt und die Arbeitseinkommen erweisen sich als robust und auch der private Konsum wirkt bisher positiv für die Wirtschaftsentwicklung. Von den steigenden Preisen profitieren auch der Bund, die Länder und Kommunen über ihren jeweiligen Umsatzsteueranteil.

Der Ausblick ins kommende Jahr fällt hier schon getrübter aus: Die steigenden Preise dürften konsumdämpfend wirken und die Erwartungen an die Wirtschaftsentwicklung gehen von einem geringeren Wirtschaftswachstum als 2022 aus, was sich letztlich auch in den Unternehmenssteuern bemerkbar machen wird.

Für die laufende Rechnung weit bedeutsamer ist aber die Entwicklung der laufenden Ausgaben, denn diese steigen in einem Maße an, dass damit die Einnahmen nicht Schritt halten können. Dies gilt sowohl für den laufenden Sachaufwand (steigende Energiepreise und generelle Verteuerung), aber auch für die Personalausgaben (Tarifsteigerungen) und die sozialen Leistungen. Selbst die Zinsausgaben werden nach der von der EZB eingeläuteten Zinswende sukzessive wieder ansteigen und die hinzutretende Nettoneuverschuldung tut hier ein Übriges. Daher wird der Saldo der laufenden Rechnung bereits im laufenden Jahr gegenüber dem Vorjahr zurückgehen und sich auch im Jahr 2023 fortsetzen.

Bei den Sachinvestitionen, die 2021 Corona-bedingt in der Umsetzung stagnierten, wird für das laufende Jahr und wohl auch für das Jahr 2023 ein weiterer Zuwachs erwartet. Allerdings wird mit Blick auf die Baupreissteigerungen nicht einmal ein realer Zuwachs bei den Investitionen beziehungsweise der Erhalt der bisherigen Sachvermögenswerte gelingen. Dies stimmt mit Blick auf den Investitionsrückstand, den das jährliche KfW-Kommunalpanel15 ermittelt, zusätzlich bedenklich, zieht man den durch den Klimawandel und die anderen Herausforderungen zusätzlichen Investitionsbedarf hier mit ins Kalkül. Die Nettoneuverschuldung der Kommunen wird wieder deutlich ansteigen müssen. Unausgeglichene Kommunalhaushalte werden an Zahl noch größer werden. Um Defizite in den Haushalten zu begrenzen, seien, so die Bundesvereinigung in ihrer Finanzprognose, viele Kommunen in den kommenden Jahren gezwungen, wieder Investitionen einzuschränken – obwohl dies langfristig Nachteile mit sich bringt und zu höheren Kosten führt.

Die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände stellt in ihrer Finanzprognose zusammenfassend fest: „Selbst wenn der Ukraine-Krieg nicht zu weiteren Einbrüchen der Wirtschaftsleistung führt, werden die Kommunalhaushalte durch Defizite, real sinkende Investitionen und einen Vermögensverzehr gekennzeichnet sein. Wir werden Unterstützung von Bund und Ländern benötigen. Investitionen in Klimaschutz und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs haben für uns hohe Priorität. Ohne dauerhaft verbesserte Finanzausstattung auch durch einen größeren Anteil am Steueraufkommen können die Kommunen diese Investitionen nicht aus eigener Kraft finanzieren.“ Finanzielle Spielräume für neue Aufgaben hätten die Kommunen in dieser Situation nicht.

3.3 Perspektiven für die Kommunalfinanzen landesweit

3.3.1 Aufkommensentwicklung nach der Mai-Steuerschätzung 2022

Kapitalrechnung
Für die Kommunen im Lande sind die Prognosen nach der Mai-Steuerschätzung 2022 ebenfalls positiv, auch wenn die Entwicklung im Vergleich zu den bundesweiten Schätzwerten für die Kommunen etwas verhaltener verläuft. Im Gegensatz zu den bundesweiten Ergebnissen bleiben die Steuereinnahmen der baden-württembergischen Kommunen nach den Ergebnissen der Mai-Steuerschätzung 2022 sowohl 2021 als auch bis 2024 hinter den Ergebnissen der Oktober-Steuerschätzung 2019, der Vor-Corona-Perspektive, zurück.

Von 2020 bis 2024 müssen die Gemeinden in Baden-Württemberg demnach mit geringeren Einnahmen von insgesamt 2,099 Milliarden Euro gegenüber der Vor-Corona-Perspektive rechnen. Die Steuereinnahmen des Landes entwickeln sich dagegen oberhalb der im Oktober 2019 prognostizieren Werte. Zwischen 2020 und 2024 kann das Land Baden-Württemberg mit Mehreinnahmen von 4,776 Milliarden Euro rechnen.

Für das Jahr 2022 werden die Prognosen der Mai-Steuerschätzung 2022 noch einigermaßen tragbar sein. Für das Jahr 2023 und danach sind mit Blick auf die Wirtschaftsentwicklung größere Fragezeichen anzubringen und es bleiben hier die Prognosen nach der Herbst-Steuerschätzung abzuwarten.

Wirft man einen Blick auf die Entwicklung der Finanzausgleichsmasse, so soll diese nach den Prognosen der Mai-Steuerschätzung 2022 von 12.086 Millionen Euro im Jahr 2021 kontinuierlich steigen, im Jahr 2022 auf 12.512 Millionen Euro, im Jahr 2023 auf 12.859 Millionen Euro.

Die Prognose zu den Kopfbeträgen für die Schlüsselzuweisungen nach mangelnder Steuerkraft und die Kommunale Investitionspauschale im Jahr 2023 hängen davon ab, zu welchen Ergebnissen Land und Kommunen in der Gemeinsamen Finanzkommission mit Blick auf den Doppelhaushalt 2023/2024 des Landes kommen. Dies wird voraussichtlich erst nach der Herbst-Steuerschätzung 2022 in Zeitnähe des Beschlusses über den Doppelhaushalt des Landes feststehen. Die untenstehende Tabelle ermöglicht immerhin eine vorsichtige Abschätzung der Entwicklung für 2023 – status quo ante unterstellt.

3.3.2 Exkurs: Entwicklung der Hebesätze im Jahr 2022

Nach den Zahlen der Kassenstatistik für das erste Halbjahr 2022 zeichnet sich für die Landschaft der Hebesätze folgendes ab: Im Jahr 2022 verteilen sich die Hebesätze bei der Grundsteuer A auf einer Bandbreite von 200 Prozentpunkten bis 1.900 Prozentpunkten. Dabei erhöhen 124 Städte und Gemeinden den Hebesatz teils minimal, teils um 160 Prozentpunkte. Hebesatzsenkungen zeichnen sich nicht ab. Bei 977 Städten und Gemeinden kam es zu keiner Veränderung im Vergleich zum Vorjahr.

Die Grundsteuer B verzeichnet im Jahr 2022 Hebesätze von 200 bis 660 Prozentpunkten, wobei 172 Kommunen den Hebesatz im Vergleich zum Vorjahr angehoben haben. Die Spannweite der Erhöhungen reicht auch hier von marginalen Anpassungen bis zu Anpassungen von 160 Prozentpunkten. Eine Gemeinde senkt den Hebesatz um 50 Prozentpunkte, 928 Städte und Gemeinden behalten den Hebesatz des vorigen Jahres bei.

Bei der Gewerbesteuer rücken die Hebesätze im interkommunalen Vergleich eng zusammen und liegen auf einer Spanne von 265 bis 450 Prozentpunkten. Dabei erhöhen 121 Städte und Gemeinden den Hebesatz teils um bis zu 50 Prozentpunkte. Die Mehrheit der Städte und Gemeinden (978) verzichtet auf Anpassungen. Zwei Kommunen senken den Hebesatz.

3.3.3 Entwicklung der Ausgaben

Auf der Ausgabenseite sind insbesondere die mittelbaren und unmittelbaren Folgen aus dem Krieg in der Ukraine zu berücksichtigen: Dies sind vor allem die Ausgaben zur Unterbringung der Geflüchteten, aber auch die Begleitung und Betreuung von ankommenden Familien in Schulen und Kindertagesstätten. Allein bis zum Sommer haben die Kommunen innerhalb von rund vier Monaten 116.000 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine Unterkunft und eine sichere Bleibe verschaffen können. Die Zahlen aus dem Jahr der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 sind damit schon jetzt übertroffen. Der zum 1. Juni 2022 beschlossene Rechtskreiswechsel von Geflüchteten aus der Ukraine direkt in den Regelungsbereich des SGB führt zu weiteren finanziellen Belastungen bei den Kommunen, da sie allein bei den Kosten für Unterkunft knapp 30 Prozent zu tragen haben. Was nicht ausgeglichen wird, drückt auf die Kreisumlage. Die Kommunen fordern deshalb vom Land und vom Bund eine entsprechende Entlastung.

Weitere Belastungen der Kommunalhaushalte werden sich durch die allgemeine Preisentwicklung ergeben, die bei den laufenden Sachaufwendungen ihren Niederschlag finden wird, aber auch bei den Personalausgaben, wenn bei den anstehenden Tarifverhandlungen entsprechende Tarifforderungen erhoben und durchgesetzt werden sollten. Da auch in Baden-Württemberg die Nettoneuverschuldung in den Kernhaushalten wieder zunehmen wird, werden im Kontext anziehender Zinsen auch die Zinsausgaben der Kommunen wieder steigen.

Insgesamt wird damit auch in Baden-Württemberg der Saldo der laufenden Rechnung der Kommunen dezimiert werden. Die Zahl der Kommunen, die bereits in der laufenden Rechnung Schwierigkeiten haben wird, einen Liquiditätsausgleich zu erzielen, wird gegenüber 2022 weiter steigen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Kommunen wird auch 2023 an der Hebesatzschraube drehen müssen. Von einem materiellen Haushaltsausgleich auf Ergebnissicht, wie ihn die Kommunale Doppik vorschreibt, werden auch in Baden-Württemberg viele Kommunen weit entfernt sein.

Bezogen auf die Investitionsausgaben der Kommunen gilt das für die Bundesebene Gesagte: Der Beitrag der Eigenfinanzierung kommunaler Investitionen aus überschüssigen Mitteln der laufenden Rechnung wird 2023 weiter zurückgehen, die Kommunen werden mit ihren Investitionen, so sie die Mittel dafür (kreditfinanziert) aufbringen, auf Grund der gestiegenen Baupreise „real“ weniger in den Erhalt ihres Vermögens investieren können.

Weitere Herausforderungen zur Zukunftssicherung sind hier noch gar nicht genannt:

  • Investitionen in den Klimaschutz (zum Beispiel Hochwasserschutz, tragfähige Wasserversorgungsinfrastruktur)
  • Ausbau erneuerbarer Energien sowie Nah- und Fernwärmenetze
  • Digitalisierung und Breitbandausbau
  • Wohnungsbau
  • Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung
  • Schulträgerschaft im 21. Jahrhundert
  • Auswirkungen einer etwaigen Altschuldenhilferegelung seitens des Bundes
  • Fachkräftemangel in verschiedenen Bereichen der öffentlichen Verwaltung

3.4 Finanzbeziehungen Land-Kommunen

Die letztgenannten Aspekte leiten über auf die Finanzbeziehungen Land-Kommunen, über die in der Gemeinsamen Finanzkommission (GFK) beraten wird. Die Ergebnisse der GFK sollen in den Doppelhaushalt 2023/2024 des Landes einfließen.

Der Doppelhaushalt 2023/2024 wird für die laufende Legislaturperiode von maßgeblicher Bedeutung sein. Die Realisierung von Zielen des Koalitionsvertrags wird wesentlich von der Umsetzbarkeit im Rahmen des Doppelhaushalts 2023/2024 abhängen. Zahlreiche Zielsetzungen des Koalitionsvertrags (beispielsweise Mobilitätsgarantie) haben unmittelbare oder mittelbare Relevanz für die Kommunen und lösen entsprechende Finanzierungsnotwendigkeiten aus. Die Zielsetzungen des Koalitionsvertrags waren von Beginn an als sehr ambitioniert anzusehen. Dies hat sich in Anbetracht des Angriffskriegs auf die Ukraine und der damit einhergehenden Zeitenwende weiter verstärkt. Es wird daher kritisch zu beleuchten sein, inwieweit an den Zielen nach wie vor festgehalten werden kann und inwieweit für diese eine belastbare Aussicht auf Realisierung besteht. Neben den finanziellen Zwängen sehen sich alle Beteiligten nicht zuletzt auch mit Zwängen aufgrund des Fachkräftemangels und den Verwerfungen im Hinblick auf unterbrochene globale Lieferketten konfrontiert.

In den Finanzverhandlungen wird daher umso mehr Wert darauf zu legen sein, sich ehrlich zu machen und den eingeschränkten Handlungsspielraum im Lichte der aktuellen Umstände anzuerkennen. Dies wird eine echte Aufgaben- und Standardkritik sowohl für künftige Zielsetzungen als auch für bestehende Standards erfordern. Aus kommunaler Sicht gilt es jedenfalls zu verhindern, dass eine Diskrepanz zwischen geforderter Aufgabenerfüllung und deren Finanzierung zulasten der Kommunalhaushalte verbleibt beziehungsweise sich diese ausweitet.

Gerade in bewegten Zeiten, die auch Einfluss auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat nehmen können, ist es von besonderer Bedeutung, dass auf allen staatlichen Ebenen in verantwortlicher Weise verfahren wird. Staatliche Leistungsversprechen im Einklang mit staatlicher Leistungsfähigkeit zu halten, ist dabei eine wesentliche Anforderung.

 

Endnoten

1 Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums zur Sitzung des Stabilitätsrates am 28. April 2022.

2 Vgl. dazu auch die Darstellung von Pflugmann-Hohlstein/Döbler im Statistischen Monatsheft 6-7/2022: „Kommunalfinanzen 2021 – Stabilisierung nach dem ersten Corona-Jahr 2020? Vorläufige Ergebnisse der vierteljährlichen Kassenstatistik 2021. Ferner die Darstellung der Entwicklung der Kommunalfinanzen im Geschäfts- und Kommunalfinanzbericht 2022 der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg. Der Finanzierungssaldo, den das Statistische Landesamt für die Kernhaushalte der Kommunen anhand der Kassenstatistik ermittelt, weicht regelmäßig geringfügig vom entsprechenden Wert des Statistischen Bundesamts ab, da das Bundesamt im Sozialleistungsbereich eine punktuell abweichende Zuordnung vornimmt.

3 Daten des Statistischen Landesamts für die Kernhaushalte der Kommunen 2021.

4Übersetzt in die bisherige kamerale Welt der Kommunen wäre dies mit einer Zuführung zur bzw. Entnahme aus der Allgemeinen Rücklage gleichzusetzen.

5Zumal das Land nach wie vor nicht aufgenommene Kredite mit Haushaltseinnahmeresten einbucht und somit das Rechnungsergebnis „optimiert“. Im Staatshaushalt wird auch nur die Nettokreditaufnahme dargestellt, nicht aber die Schuldaufnahme getrennt von der Kredittilgung.

6 Nach den Daten des Steuerhaushalts 2021 des Statistischen Bundesamts.

 

Autoren: Patrick Holl, Karl Reif, Ingo Wörner und Sarah Knörzer