Belastungsgrenze überschritten – Kein „Weiter so“!

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Weißes Ausrufezeichen auf rotem Grund

Im Rahmen seiner zweitägigen Sitzung in Sinsheim (Rhein-Neckar-Kreis) beschloss der Landesvorstand des Gemeindetags heute (22. September) ein Positionspapier mit einer klaren Botschaft: Angesichts der multiplen Krisen und der großen Zukunftsherausforderungen darf es kein „Weiter so“ geben. Der Landesvorstand benennt Grundvoraussetzungen für zukünftiges staatliches Handeln sowie Handlungsnotwendigkeiten für Bund und Land.

„Die Kommunen befinden sich im Dauerkrisenmodus. Kommunale Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträger haben in den vergangenen zehn Jahren fast ausschließlich Krisen erlebt und immer in gesamtstaatlicher Verantwortung gehandelt“, so Gemeindetagspräsident Steffen Jäger. Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation, Wirtschaftskrise, Klimawandel. Diese multiplen Krisen müssen zeitgleich von den Städten und Gemeinden auf örtlicher Ebene und oftmals vom selben Personal gelöst werden.

„Zugleich stellen wir jedoch fest, dass über die letzten Jahre und Jahrzehnte von Bundes- und Landespolitik immer neue Leistungen und Rechtsansprüche zugesagt wurden und das Maß an Bürokratie zwischenzeitlich zu einer Komplexität führt, die kaum mehr zu bewältigen ist. Wir wiederholen heute, was wir bereits vor dem 24. Februar 2022 gesagt haben: Die Grenze der gesamtstaatlichen Leistungsfähigkeit ist überschritten. Die Belastungsgrenze in den Rathäusern ist erreicht. Allein die Sicherung des Ist-Zustands des kommunalen Leistungsportfolios erfordert heute einen Kraftakt. Wir können die großen Zukunftsaufgaben wie Klimaschutz, Digitalisierung und nachhaltige Daseinsvorsorge nicht mit den bisherigen politischen Antworten hinbekommen. Es braucht eine klare und ehrliche Analyse der aktuellen Lage, eine realistische Bewertung des Leistbaren sowie eine neue Festlegung des Erforderlichen.“

Die Städte und Gemeinden weisen immer häufiger und immer deutlicher darauf hin, bereits heute geltende Rechtsansprüche nicht mehr erfüllbar seien. „Wir benötigen daher eine ernsthaften Aufgaben- und Standardkritik – und zwar beherzt und schnell“, so Jäger.

Der Gemeindetagspräsident betont: „Ich bin fest davon überzeugt, dass die in der Bundesrepublik Deutschland verfügbaren staatlichen Ressourcen ausreichen, um unserer Gesellschaft ein gutes Leben zu ermöglichen. Das gelingt aber nur, wenn es eine klare Fokussierung auf das Wesentliche und damit auf das Notwendige gibt. Ausgehend vom Bewusstsein, dass die Leistungsfähigkeit des Staates begrenzt ist, fordern wir eine vorausschauende und ehrliche Politik mit klarer Prioritätensetzung. Außerdem brauchen wir ein gesamtstaatliches Verständnis darüber, dass Leistungen erst dann als Rechtsanspruch versprochen und zugesagt werden können, wenn deren Umsetzbarkeit und Finanzbarkeit geprüft und mit der erfüllenden politischen Ebene vereinbart ist. Fehler in der Schrittfolge, wie beim Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung, darf es in der Zukunft nicht mehr geben. Daher ist es aus unserer Sicht erforderlich, dass zukünftig vor Gesetzbeschlüssen eine Machbarkeitszusage der Kommunen eingeholt werden muss.“

Gleichzeitig formuliert der Landesvorstand des Gemeindetags in seinem Grundsatzbeschluss, dass künftig wieder mehr das Allgemeinwohl, der nachhaltige Wohlstand der Gesamtgesellschaft und die Generationengerechtigkeit Richtschnur für politisches Handeln sein müssen. Die Absicherung jedes Lebensrisikos, das Ziel der Einzelfallgerechtigkeit oder auch der Ausgleich jeder individuell empfundenen Benachteiligung können in einer freiheitlichen Demokratie jedoch nicht staatlich gewährleistet werden.

„Politik muss den Rahmen für ein am Allgemeinwohl orientiertes Zusammenleben schaffen. Dazu gehören neben der inneren und äußeren Sicherheit, der sozialen Absicherung auch und insbesondere die Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Diese leisten zu einem großen Teil die Städte und Gemeinden, deshalb muss ihrer Leistungsfähigkeit eine hohe Bedeutung beigemessen werden.“

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